(Aus der Printausgabe der Zeitschrift STANDPUNKTE, Februar 2008, Autor Kuno Bärenbold)

LITERARISCHES
Was immer der oft zitierte „Zeitgeist“ ist, der Karikaturist Harm Bengen hat dafür einen wachen Blick, offene Ohren und ein feines Händchen

Fröhlicher Alltag!

BuchtippsEs war schon sein Kindheitstraum, Comic-Zeichner zu werden, angeregt von den „Micky Maus“-Geschichten. Weil es dafür keine anerkannte Ausbildung gab, wurde aus ihm ein Lithograf. In Bremen, während des Grafik-Design-Studiums, störte ihn „das theoretische Rüstzeug zur Konsumentenverblödung“; Lithografenkittel an den Nagel hängte, „um selbständig zu arbeiten. Jeden Tag, wenn ich mich an den Zeichentisch setze, empfinde ich eine tiefe Dankbarkeit, dass ich diesen Beruf habe und keinen anderen.“

„Fehlschaltungen im Hirn sind
hilfreich bei der Ideenfindung“


Harm Bengen, 1955 im ostfriesischen Arle geboren, alleinerziehender Vater einer Tochter, lebt heute in Neu-Ulm. Der Van-Morrison-Fan schätzt die scharfe, pointierte Zuspitzung in seinen Bildgeschichten. „Es sind Glücksmomente, wenn aus Cartoons Plakate oder Transparente entstehen wie für die IG-Metalljugend zur Demonstration gegen die Rente mit 67; ebenso schön ist, das Herz der Menschen zu erfreuen, sie mit klugem Witz zum Lachen zu bringen.“
Dies gelingt dem sympathischen Künstler auch im neuen Buch. Wie sich die Zeiten ändern, das lässt sich an der Sprache feststellen, wenn sich die Mutter bei ihrem Benjamin erkundigt: „Und? Was habt ihr heute in Deutsch gemacht?“ Coole Antwort: „So’n Teamwork mit Brainstorming über Joint Ventures.“ Unaufhaltsam ist der Fortschritt in den neuen Medien. Olaf versucht gerade, „’n viertel Pfund Kalbsleberwurst bei Ebay zu ersteigern“. Pech hat der schwafelnde Zeuge Jehovas, dem inmitten der

Buchtipps

überraschten Zuhörer ein peinliches Missgeschick widerfährt: „Es dauerte etwas, bis der Wachturmverkäufer merkte,dass er heute die falsche Tasche dabei hatte“ – in der er seine Pornohefte aufbewahrt! Dagegen hat Fred, einst stolzer „ICH-AG“-Besitzer, Mitleid verdient. Er hängt groggy im Sessel und an der Pulle, beichtet zerknirscht seiner erschütterten Frau: „Ich hab mich entlassen! Ich bin ’ne faule Sau! So was kann ich in meiner Firma nicht brauchen.“
Fantasievoll, schlitzohrig und amüsant sind die farbenprächtigen Bildergeschichten von Harm Bengen, dem großen Könner der Cartoon-Szene.

 

Buchtipp:
Harm Bengen: Unser Shit-and-Fun-Center? Cartoons. Oldenburg: Lappan Verlag 2007.
64 farbige Seiten, 10 EUR
Kontakt: www.harmbengen.de

 

 

Kuno Bärenbold Schriftsteller in Karlsruhe
auch im Internet unter:
www.kuno-baerenbold.de

Ralf Ludwig